Fünf Anlagestrategien im Vergleich – lohnt sich der Einstieg bei Kursrückgängen wirklich?
Inmitten zahlreicher Fragen zur aktuellen Marktlage greifen viele zur alten Weisheit von Börsenlegende Warren Buffett: „Sei gierig, wenn andere ängstlich sind.“ Doch lohnt sich diese „Buy the Dip“-Strategie tatsächlich? Das Handelsblatt hat diese Frage anhand von fünf verschiedenen Anlagestrategien auf Basis des MSCI World Index über einen Zeitraum von 26 Jahren (ab 1999) durchgerechnet. Die Ergebnisse überraschen – und sie sprechen eine klare Sprache.
1. Der Klassiker: Monatlicher Sparplan
- Strategie: Jeden Monat werden konstant 100 € investiert – unabhängig von Marktbewegungen.
- Ergebnis: Aus einem Einsatz von 31.600 € wären rund 102.000 € geworden.
- Fazit: Trotz Krisen wie Dotcom-Blase, Finanzkrise, Corona und Ukrainekrieg – der Sparplan liefert solide und nervenschonende Renditen.
2. Kaufen im Bärenmarkt
- Strategie: Nur 75 € werden monatlich investiert, 25 € fließen auf ein Tagesgeldkonto (1,5 % Zinsen). Fällt der Markt um 20 % oder mehr (Bärenmarkt), wird das Tagesgeld komplett investiert.
- Ergebnis: Endsumme rund 100.100 € – ca. 1.900 € weniger als beim Sparplan.
- Fazit: Aufwändiger, nervenzehrender und kaum lohnender. Zudem das klassische Timing-Problem: Wer zu früh investiert, verliert.
3. Kaufen bei Korrekturen (10 %-Rückgang)
- Strategie: Investition des gesamten angesparten Kapitals bei jedem 10 %-Rückgang.
- Ergebnis: 575 € mehr als die Bärenmarkt-Strategie, aber weiterhin unterhalb des Sparplans.
- Fazit: Etwas besser getimed, doch auch hier werden oft vor dem Tiefpunkt große Summen investiert.
4. Gestaffelte Strategie (GBS)
- Strategie: Investitionen erfolgen in drei Stufen innerhalb einer Korrektur: 1/3 bei -10 %, die Hälfte des Rests bei weiteren -10 %, der Rest bei nochmaligen -10 %.
- Ergebnis: Rund 99.000 €, also das schlechteste Ergebnis aller Strategien.
- Fazit: Trotz ausgeklügelter Staffelung bleibt man in Aufschwungphasen zu oft unterinvestiert.
5. 50/50-Strategie
- Strategie: Bei einer Korrektur werden 50 % der Tagesgeldsumme investiert, bei weiteren -10 % die verbleibenden 50 %.
- Ergebnis: 101.000 €, also nur 800 € weniger als der Sparplan.
- Fazit: Flexibler als GBS, besser nutzbar in Bärenmärkten, aber am Ende doch knapp unter dem Sparplan.
Fazit: Der Sparplan schlägt sie alle
Die klare Botschaft: Market Timing funktioniert nicht zuverlässig. Auch ausgefeilte Strategien scheitern regelmäßig an der Unberechenbarkeit der Märkte – ähnlich wie Wetterprognosen im April. Wer kontinuierlich investiert, fährt langfristig am besten.
Und für alle, denen ein reiner Sparplan zu langweilig erscheint: Ergänzende Investments in ausgewählte Lieblingsaktien können das Portfolio bereichern – aber nicht die Basis ersetzen.
Kritische Anmerkung:
Diese Analyse bestätigt erneut, was viele Studien seit Jahren nahelegen: Der Versuch, durch intelligentes Timing die Rendite zu verbessern, bringt selten den gewünschten Mehrwert. Die vermeintlich „langweilige“ Buy-and-Hold-Strategie über Sparpläne ist in ihrer Schlichtheit kaum zu schlagen. Die damit einhergehende emotionale Entlastung sollte gerade für Privatanleger nicht unterschätzt werden. Wer dennoch „Buffetts Rat“ folgen will, sollte es mit Augenmaß und einem robusten Fundament tun – und nicht in Stress und Panik investieren.