Kurz vor dem NATO-Gipfel in Den Haag haben sich die Mitgliedsstaaten auf eine massive Erhöhung ihrer Verteidigungsausgaben geeinigt. Künftig soll jedes Mitgliedsland mindestens fünf Prozent seines Bruttoinlandsprodukts (BIP) für verteidigungsrelevante Ausgaben bereitstellen. Davon entfallen mindestens 3,5 Prozent auf klassische militärische Aufwendungen, während bis zu 1,5 Prozent für flankierende Maßnahmen wie Infrastrukturprojekte oder die Bekämpfung des Terrorismus vorgesehen sind. Diese Neudefinition weitet den Verteidigungsbegriff über den reinen Rüstungsetat hinaus erheblich aus.
Bislang lag das Ziel bei lediglich zwei Prozent des BIP – ein Maßstab, der in vielen Staaten bereits für politische und ökonomische Spannungen sorgte. Die nunmehr vereinbarte Zielmarke von fünf Prozent bis zum Jahr 2035 bedeutet für viele NATO-Staaten, insbesondere für europäische, eine enorme fiskalische Herausforderung. Besonders Deutschland steht vor einem tiefgreifenden Wandel: Die Bundesrepublik müsste ihre Verteidigungsausgaben auf über 200 Milliarden Euro jährlich verdoppeln – ein Kraftakt, der kaum ohne gravierende Einschnitte an anderer Stelle zu bewältigen ist.
Hintergrund dieser Aufrüstungsoffensive ist vor allem die wahrgenommene Bedrohung durch Russland sowie der erneute Druck aus Washington. Der frühere US-Präsident Donald Trump hatte die europäischen Bündnispartner wiederholt dazu aufgefordert, einen größeren Beitrag zur kollektiven Verteidigung zu leisten. Spanien, das sich zunächst gegen das ambitionierte Fünf-Prozent-Ziel ausgesprochen hatte, stimmte einem Kompromiss zu, der zumindest eine flexible Umsetzung erlaubt, sofern die NATO-Fähigkeitsziele erfüllt werden.
In Deutschland wirft das neue Ziel grundlegende Fragen zur Finanzierbarkeit und Prioritätensetzung auf. Verteidigungsminister und Ökonomen warnen unisono davor, diese Summen dauerhaft schuldenfinanziert bereitzustellen. Vielmehr müsse die Bundesregierung an anderer Stelle sparen und gleichzeitig die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft stärken – was politische Zumutungen mit sich bringe. Besonders die Rentenpolitik wird als Beispiel für eine inkonsequente Reformpolitik kritisiert: Einerseits sollen Rentner durch steuerliche Anreize länger arbeiten, andererseits werden weiterhin kostspielige Frühverrentungsmodelle gefördert. Der Widerspruch in dieser Politik wird als symptomatisch für eine Regierung beschrieben, der es an entschlossener, kohärenter Reformbereitschaft mangelt.
In der Gesamtschau offenbart sich ein gefährliches Spannungsfeld zwischen sicherheitspolitischen Notwendigkeiten, fiskalischen Realitäten und politischen Widerständen. Der neue NATO-Beschluss könnte sich damit nicht nur als Verteidigungsstrategie, sondern als ökonomisch-gesellschaftliches Transformationsprojekt ersten Ranges entpuppen – mit ungewissem Ausgang.
Vergleich von sechs Rüstungs‑ETFs:
1. WisdomTree Europe Defence UCITS ETF (WKN: A40Y9K)
- Index: WisdomTree Europe Defence UCITS Index – erste reine europäische Rüstungs‑Strategie, enthält nur „konventionelle“ Verteidiger, keine geächteten Waffensysteme
- TER: 0,40 % p.a.
- Replikation: physisch, voll replizierend
- Ausschüttung: thesaurierend, zahlt aktuell keine Dividenden
- Auflage: 4. März 2025
2. iShares Europe Defence UCITS ETF (WKN: A417HK)
- Index: STOXX Europe Targeted Defence Index – umfasst wichtige europäische Verteidigungsunternehmen (ishares.com)
- TER: 0,35 % p.a
- Replikation: physisch, voll replizierend
- Ausschüttung: thesaurierend
- Auflage: Mai 2025, gelistet seit 28. Mai 2025
3. Invesco Defence Innovation UCITS ETF (WKN: A40J95)
- Index: S&P Kensho Global Future Defense Index – global ausgerichtet, Fokus auf innovative Technologien (KI, Cyber, Robotik)
- TER: 0,35 % p.a.
- Replikation: physisch, voll replizierend
- Ausschüttung: thesaurierend, derzeit keine Dividende
- ISIN: IE000BRM9046, gelistet Frankfurt Xetra
4. Global X Defence Tech UCITS ETF (WKN: A40E7A)
- Index: Mirae Asset Defence Tech Index – weltweit aktiv im Bereich Verteidungstechnologie (KI, Cyber, Systemtechnik) (justetf.com)
- TER: ca. 0,50 % p.a.
- Replikation: physisch
- Ausschüttung: thesaurierend, zahlt aktuell kein Dividende
- Auflage: 9. September 2024
5. Amundi Stoxx Europe Defense UCITS ETF (WKN: ETF264)
- Index: STOXX Europe Total Market Defense Capped – klassischer europäischer Defence‑Index, z. B. Rheinmetall, BAE, Rolls‑Royce
- TER: 0,35 % p.a.
- Replikation: physisch, voll replizierend
- Ausschüttung: thesaurierend
- Auflage: 12. Mai 2025; AUM ca. 39 Mio €
6. Global X Europe Focused Defence Tech UCITS ETF (WKN: A416YM)
- Index: Mirae Asset Europe Defence Tech Index – fokussiert auf Unternehmen mit signifikantem europäischen Umsatzanteil
- TER: 0,40 % p.a.
- Replikation: physisch, voll replizierend
- Ausschüttung: thesaurierend, aktuell keine Dividende
- Auflage: 20. Mai 2025, sehr klein (ca. 2 Mio € AUM)
Kritische Gegenüberstellung
ETF | Fokus | TER | AUM/Auflage | Besonderheit |
---|---|---|---|---|
WisdomTree | Europäische Rüstung ohne kontroverse Waffen | 0,40 % | Neu (März 2025) | Exklusion kontroverser Waffensysteme |
iShares | Breites EU Defence-Portfolio | 0,35 % | Neu gelistet (Mai 2025) | Klassischer Defence-Index |
Invesco | Global, innovativ, KI/Cyber | 0,35 % | Keine Angabe | Technologieorientiert |
Global X Defence | Global, Techfokus, breiter | 0,50 % | Seit Sept 2024 | Höchste TER, Technologie-Exposure |
Amundi | Klassische EU Defence, günstig | 0,35 % | 39 Mio € AUM | Früh auf Markt, günstiger TER |
Global X Europe Focused | Europa-Technologie-Fokus | 0,40 % | 2 Mio € AUM | Kleine Nische, höhere Konzentration |
Fazit
Wer eine klassische, breit diversifizierte europäische Rüstungsstrategie sucht, ist mit Amundi (preiswert, mittlere AUM) oder iShares (gewichtiger STOXX‑Index, neu) gut bedient. Für thematische Investments in Zukunftstechnologien eignen sich Invesco (globaler Technologieblick) oder die Global X‑Varianten – wobei Global X mehr Exposure, aber höhere Kosten bringt. WisdomTree bietet einen ethisch sensibleren Ansatz, indem bestimmte kontroverse Waffensysteme ausgeschlossen werden – bei mittlerem TER.
Je nach Anlageziel (breit vs. technologisch vs. ESG‑bewusst) und Kostenpräferenz lohnt sich eine gezielte Auswahl. Eine weitere Überlegung: bei kleinen AUM kann es zu Liquiditäts- oder Trackingabweichungen kommen (siehe Global X Europe Focused).