Schwachstellen der aktuellen Migrationspolitik und nachhaltige Alternativen
Die deutsche Migrationspolitik steht vor einem strukturellen Dilemma: Einerseits wird auf kurzfristige, symbolträchtige Maßnahmen gesetzt – etwa die Zurückweisung an den Grenzen unter Berufung auf Artikel 72 AEUV. Andererseits bleiben zentrale Steuerungsmechanismen schwach oder fehlen ganz. Die Summe verschiedenster Anreize – rechtlich, sozial und institutionell – macht Deutschland zu einem der attraktivsten Zielländer für Migranten und Geflüchtete weltweit. Eine nachhaltige, wirksame Migrationspolitik bleibt bislang aus.
Zentrale Schwachstellen:
- Nationale Scheinlösungen ohne europäische Rückendeckung
Maßnahmen wie Grenzkontrollen oder Zurückweisungen wirken kurzfristig, sind aber ineffektiv, solange die EU-Außengrenzen nicht gesichert sind und das Dublin-System weiter dysfunktional bleibt. Ohne gesamteuropäische Solidarität und Kontrolle bleiben nationale Maßnahmen Symbolpolitik. - Starke Pull-Faktoren ohne Differenzierung
Deutschland bietet im EU-Vergleich hohe Sozialleistungen, umfassenden Rechtsschutz, großzügige Integrationsangebote – und nun auch ein erleichtertes Staatsbürgerschaftsrecht. Diese Anreize gelten nahezu unabhängig vom Einreiseweg oder Aufenthaltsgrund und werden international wahrgenommen. - Langwierige Asylverfahren mit faktischem Bleiberecht
Lange Bearbeitungszeiten, umfangreiche Klagemöglichkeiten und eine geringe Abschiebequote führen de facto zu einem Aufenthalt auf unbestimmte Zeit – selbst bei abgelehnten Asylanträgen. Dies unterminiert die Steuerungsfähigkeit des Staates. - Fehlende Differenzierung zwischen Schutz und Migration
Das Asylsystem wird überdehnt, weil es zunehmend auch für wirtschaftlich motivierte Migration genutzt wird. Eine klare Trennung zwischen humanitärem Schutz und regulärer Einwanderung fehlt – mit der Folge von Überforderung auf allen Ebenen. - Reform des Staatsangehörigkeitsrechts als zusätzlicher Anreiz
Die schnellere Einbürgerung, die Zulassung von Mehrstaatigkeit und die automatische Verleihung der Staatsbürgerschaft an Kinder erhöhen die Attraktivität Deutschlands weiter – ohne dass dies mit einer wirksamen Steuerung legaler Zuwanderung verzahnt wäre.
Nachhaltige Maßnahmen für eine tragfähige Migrationspolitik:
- EU-weite Sicherung der Außengrenzen und funktionales Asylsystem
Deutschland sollte verstärkt auf einen funktionsfähigen EU-Grenzschutz und ein solidarisches Verteilungsverfahren drängen – inklusive der Möglichkeit, Verfahren an den Außengrenzen oder in Drittstaaten rechtsstaatlich vorzuprüfen. - Klare Trennung von Schutz und Erwerbsmigration
Asyl sollte auf wirklich Schutzbedürftige beschränkt bleiben. Gleichzeitig muss Deutschland gezielt Fachkräfte aus Drittstaaten anwerben – mit transparenten, leistungsbezogenen Zuwanderungskriterien. - Anpassung der Leistungen an EU-Niveau
Sozialleistungen für Asylbewerber sollten an das europäische Durchschnittsniveau angepasst werden, um Anreizstrukturen zu entschärfen, ohne menschenrechtliche Standards zu unterlaufen. - Effizientere Verfahren und konsequente Rückführung
Verfahren müssen zügig, aber rechtssicher durchgeführt werden. Bei negativem Bescheid braucht es politisch gewollte und operativ durchsetzbare Rückführungen, unterstützt durch internationale Abkommen. - Einbürgerung als Abschluss gelungener Integration
Die deutsche Staatsangehörigkeit sollte nicht vorrangig als Integrationsanreiz fungieren, sondern als Resultat tatsächlicher Integration verstanden werden – mit bleibenden Anforderungen an Sprache, Arbeit, Rechtsstaatstreue und Selbstversorgung.
Fazit:
Die derzeitige Migrationspolitik krankt an einem Missverhältnis zwischen hohen Anreizen, schwacher Steuerung und fehlender europäischer Kohärenz. Nachhaltigkeit lässt sich nur durch eine ehrliche Neubewertung der politischen Prioritäten, eine pragmatische Anpassung der Instrumente und eine engere europäische Kooperation erreichen. Andernfalls bleiben nationale Maßnahmen wirkungslos – und die gesellschaftliche Akzeptanz für Migration weiter gefährdet.