Standortschwäche trifft Konjunkturflaute: Auftragsmangel bleibt die neue Normalität

Es ist ein kaum vernehmbares Aufatmen, das durch die deutsche Wirtschaft geht – und der Grund zur Sorge bleibt bestehen. Zwar meldet das ifo Institut am heutigen Mittwoch einen leichten Rückgang beim Auftragsmangel, doch die strukturellen Warnsignale sind unübersehbar. Im Oktober klagte weiterhin mehr als jedes dritte Unternehmen (36,9 Prozent) über ausbleibende Bestellungen. Damit verharrt der Wert deutlich über dem langfristigen Durchschnitt und signalisiert: Der Weg aus der Talsohle ist steinig.

Die Wettbewerbsfähigkeit bröckelt
Klaus Wohlrabe, Leiter der ifo-Umfragen, findet in seiner Analyse deutliche Worte, die in den Chefetagen hellhörig machen dürften. Es handele sich nicht bloß um eine konjunkturelle Delle. Wohlrabe verweist explizit auf „zu hohe Kosten“ und eine daraus resultierende „mangelnde preisliche Wettbewerbsfähigkeit“. Für den Standort Deutschland ist das eine alarmierende Diagnose: Wenn Aufträge nicht nur wegen schwacher globaler Nachfrage ausbleiben, sondern weil die heimische Kostenstruktur im internationalen Vergleich nicht mehr trägt, droht aus der Konjunkturflaute eine Strukturkrise zu werden.

Industrie: Lichtblick Automobil, Schatten in der Chemie
Ein differenzierter Blick in die Industrie (Rückgang des Mangels von 38,0 auf 35,5 Prozent) offenbart eine gespaltene Wirtschaft. Die Automobilindustrie, oft als Herzschlag der deutschen Ökonomie bezeichnet, sendet Entspannungssignale: Hier fehlt „nur“ noch knapp 30 Prozent der Betriebe die Arbeit – ein spürbarer Rückgang gegenüber dem Juli.
Anders sieht es in den energieintensiven und grundstoffnahen Branchen aus. Im Metallsektor und der Papierindustrie kämpfen weiterhin rund 44 Prozent der Firmen mit leeren Auftragsbüchern. Besorgniserregend ist der Trend in der Chemischen Industrie, wo sich die Lage entgegen dem allgemeinen Trend verschlechtert hat (Anstieg auf 39,1 Prozent).

Dienstleister und Handel unter Druck
Dass die Krise längst die Breite der Wirtschaft erreicht hat, zeigt der Dienstleistungssektor. Hier stieg der Anteil der betroffenen Firmen auf 33,6 Prozent. Besonders die Leiharbeitsbranche – traditionell ein Frühindikator für den Arbeitsmarkt – schlägt Alarm: 64 Prozent der Firmen leiden unter Auftragsmangel. Auch im Groß- und Einzelhandel bleibt die Situation prekär; etwa jeder zweite Händler sieht sich mit unzureichender Nachfrage konfrontiert.

Fazit
Die aktuellen ifo-Zahlen mögen eine minimale zyklische Verbesserung zeigen, doch die Botschaft vom 19. November 2025 ist eindeutig: Ohne eine Verbesserung der preislichen Wettbewerbsfähigkeit droht der Auftragsmangel für viele Unternehmen zum Dauerzustand zu werden.


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