Tesla befindet sich aktuell in einer erheblichen wirtschaftlichen und strategischen Schieflage. Der Bericht skizziert eine Vielzahl an gravierenden Problemen:
1. Finanzielle Probleme:
Tesla verzeichnete im letzten Quartal einen dramatischen Rückgang des Nettogewinns um 71 %. Der eigentliche Profit von 409 Mio. US-Dollar resultierte ausschließlich aus dem Verkauf von 595 Mio. US-Dollar an Emissionsgutschriften. Das operative Kerngeschäft – der Verkauf von Fahrzeugen – ist de facto verlustbringend. Ohne den Verkauf dieser Gutschriften wäre Tesla tief in den roten Zahlen.
2. Bedrohung durch politische Änderungen:
Die Trump-Administration plant, bestehende Emissionsvorschriften abzuschaffen und den Bundesstaaten wie Kalifornien die Möglichkeit zu nehmen, strengere Normen einzuführen. Sollte das gelingen, bräche eine entscheidende Einnahmequelle Teslas weg: Allein seit 2021 generierte Tesla 8,4 Mrd. US-Dollar durch Emissionsgutschriften.
3. Sinkende Margen und schrumpfende Verkaufszahlen:
Die operative Marge im Automobilgeschäft ist auf 12,5 % gesunken – der niedrigste Wert seit 2012, als Tesla noch in den Kinderschuhen steckte. Dies steht im krassen Gegensatz zur einstigen Spitzenmarge von 30 % im Jahr 2022. Gleichzeitig verzeichnet Tesla erstmals in seiner Firmengeschichte einen jährlichen Rückgang der Verkaufszahlen. Besonders stark ist der Einbruch in Europa und China, wo sich der Markt für Elektroautos insgesamt dynamisch entwickelt – jedoch ohne Tesla.
4. Politische Polarisierung:
Elon Musks politische Aktivitäten, insbesondere seine Unterstützung rechtspopulistischer Parteien wie der AfD, haben dem Markenimage erheblich geschadet. Selbst loyale Investoren befürchten, dass der Ruf von Tesla langfristig beschädigt sein könnte.
5. Hoffnungsträger Robotaxi und humanoide Roboter:
Musk setzt große Hoffnungen auf die Einführung von Robotaxis und humanoiden Robotern, um neue Wachstumsmärkte zu erschließen. Doch die Skepsis ist angebracht: Musk verspricht funktionsfähige Robotaxis bereits seit Jahren, ohne die Versprechen einzulösen. Auch andere Hersteller wie GM und Ford haben sich aus dem Bereich autonomer Fahrzeuge weitgehend zurückgezogen, weil diese Technologien mittelfristig nicht profitabel erscheinen.
6. Realitätsferne Optimismus-Rhetorik:
Elon Musk versichert, dass Tesla „nicht am Rand des Todes“ stehe, und bleibt extrem optimistisch. Doch seine Aussagen wirken angesichts der aufgezeigten strukturellen Probleme realitätsfern. Zudem wurde auf der letzten Investorenkonferenz bewusst ausgeblendet, welche Bedrohung das Ende der Emissionsgutschriften für Teslas Bilanz darstellt.
Kritische Einordnung:
Tesla steht an einem Scheideweg.
Die bisherigen Erfolgsgeschichten – rapide Wachstumsraten und exorbitante Margen – geraten durch interne und externe Faktoren massiv unter Druck. Teslas Geschäftsmodell war lange darauf aufgebaut, durch den Verkauf von Emissionsgutschriften Gewinne zu erzielen und auf einen „First Mover Advantage“ bei Elektrofahrzeugen zu setzen. Doch nun bröckeln beide Säulen:
- Die Konkurrenz schlägt zurück: BYD in China und zahlreiche andere etablierte Hersteller bieten mittlerweile hochwertige und günstigere Elektrofahrzeuge an.
- Das politische Kapital schwindet: Musks provokante politische Aktivitäten wirken zunehmend geschäftsschädigend, besonders in liberalen Märkten wie Europa.
- Technologische Versprechen bleiben unerfüllt: Während Musk weiterhin auf bahnbrechende Technologien wie Robotaxis setzt, zeigen die Rückzüge anderer Konzerne, dass die Kommerzialisierung dieser Ideen noch viele Jahre entfernt ist.
Zusammengefasst:
Tesla steht nicht vor einem akuten Zusammenbruch, aber das Unternehmen kämpft an mehreren Fronten gleichzeitig – gegen schrumpfende Gewinne, härtere Konkurrenz, politische Widerstände und interne Managementfehler. Die Vorstellung, Tesla könne sich einfach auf neue Technologien retten, erscheint angesichts der komplexen Gemengelage äußerst optimistisch und gefährlich naiv.