Value‑Investing – die Anlagestrategie von Modern Value (shareholdervalue.de)
Die Seite shareholdervalue.de/modern-value/value-investing stellt das sogenannte „Modern Value Investing“ vor. Im Kern handelt es sich dabei um eine Weiterentwicklung der klassischen Value‑Investing‑Philosophie (nach Benjamin Graham & David Dodd bzw. Warren Buffett), die mit aktuellen Markt‑ und Unternehmensentwicklungen kombiniert wird.
Hier die wichtigsten Bausteine der Strategie, wie sie auf der Seite beschrieben werden:
Baustein | Was er bedeutet | Praktische Umsetzung |
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1. Intrinsischer Wert | Der wahre Unternehmenswert wird auf Basis von nachhaltigen Cash‑Flows, Free‑Cash‑Flow‑Yield und Economic‑Profit‑ bzw. EVA‑Analysen ermittelt. | Discounted‑Cash‑Flow‑Modelle (DCF) nutzen, aber gleichzeitig konservative Annahmen (z. B. stabile Wachstumsraten, hohe Risikoprämien). |
2. Qualitäts‑Screening | Nicht jedes „billige“ Unternehmen ist ein gutes Investment. Gesucht werden qualitätsstarke Unternehmen mit stabilen Margen, hohem Return on Capital Employed (ROCE) und defensiven Geschäftsmodellen. | Mind‑Kriterien: ROCE > 10 %, ROE > 12 %, niedrige Verschuldungsquote, stabile Ertragslage über mindestens 5‑Jahre. |
3. Margin of Safety (Sicherheitsabstand) | Der Kaufpreis muss deutlich unter dem ermittelten intrinsic value liegen – typischerweise 15 %–30 %. Dieser Puffer schützt vor Bewertungs‑ und Modellierungsfehlern. | Suche nach Preis‑to‑Earnings (P/E), Price‑to‑Book (P/B) oder Price‑to‑Cash‑Flow (P/FCF)‑Multiplikatoren, die mindestens 15 % unter dem berechneten Zielwert liegen. |
4. Fokus auf Cash‑Flow‑Stärke | Cash Flow gilt als die robusteste Kennzahl, weil er weniger manipuliert werden kann als Gewinne. | Bewertung über Free‑Cash‑Flow‑Yield (FCF / Marktkapitalisierung). Unternehmen mit Yield > 7‑10 % gelten als attraktiv. |
5. Langfristiger Zeithorizont | Value‑Investoren denken in 5‑10 Jahre. Kurz‑fristige Schwankungen werden toleriert, solange die Fundamentaldaten stark bleiben. | Portfolio‑Rotation nur, wenn das quantitative Rating (z. B. DCF‑Gap) sich nachhaltig verschlechtert oder ein besseres Kandidaten‑Signal entsteht. |
6. Konzentriertes Portfoliomanagement | Statt hunderter Positionen wird ein kernen Kern‑Portfolio von 10‑15 gut begründeten Calls aufgebaut. | Maximal 5–7 % des Kapitals pro Einzelposition, sodass bei Fehlentwicklungen das Gesamtrisiko begrenzt bleibt. |
7. Disziplinierte Exit‑Strategie | Positionen werden verkauft, sobald das Preis‑to‑Intrinsic‑Value‑Verhältnis (P/IV) wieder über 1,0‑1,2 steigt oder das Qualitäts‑Screening nicht mehr erfüllt ist. | Stop‑Loss‑Limits nur bei fundamentalen Veränderungen (z. B. Verlust der Marktführerschaft, drastische Verschuldungszunahme). |
8. Makro‑Neutralität | Die Strategie ist nicht makro‑abhängig; sie funktioniert in Bullen‑ und Bärenmärkten, weil sie auf Unternehmensfundamentaldaten basiert. | Keine aktive Währungs‑ oder Zins‑Timing‑Strategie, höchstens ein leichtes Sector‑Bias (z. B. defensiver Konsum, Gesundheitswesen) bei stark überbewerteten Zyklen. |
9. ESG‑Komponente (optional) | Moderne Value‑Investoren integrieren zunehmend Nachhaltigkeits‑Kriterien, solange die finanzielle Qualität nicht leidet. | Vorzugsweise Unternehmen mit guter Governance, geringen CO₂‑Emissionen und nachhaltiger Lieferkette – jedoch nur, wenn die finanzielle Attraktivität erhalten bleibt. |
1. Wie das Ganze praktisch aussieht – ein beispielhafter Analyse‑Workflow
- Screener‑Phase
- Screen‑Kriterien: ROCE > 10 %, FCF‑Yield > 7 %, Kurs‑to‑FCF < 15, Verschuldungsgrad < 0,5.
- Ergebnis: 150 potenzielle Kandidaten.
- Qualitäts‑Check
- Analyse des Geschäftsmodells (Monopol/Marktführer, Wiederkehrende Erlöse, Eintrittsbarrieren).
- Bewertung von Management‑Qualität (Konsistenz, Kapitalallokation).
- Nachher: 45 Unternehmen bleiben.
- DCF‑Bewertung
- Projektion der Free‑Cash‑Flows für 10 Jahre, Terminal‑Wert mit konservativem Wachstums‑Assumption (z. B. 2 %).
- Diskontierung mit WACC ≈ 8 %.
- Berechnung des intrinsischen Wertes pro Aktie.
- Margin‑of‑Safety‑Test
- Vergleich aktueller Marktpreis mit DCF‑Ergebnis.
- Aufnahme, wenn Preis ≤ 0,75 × DCF‑Wert.
- Portfolio‑Zusammenstellung
- Auswahl der 10‑15 attraktivsten Kandidaten, jeweils max. 5‑7 % des Kapitals.
- Kontinuierliche Überwachung von Kernkennzahlen (FCF‑Yield, ROCE, Debt/EBITDA).
- Monitoring & Exit
- Quartals‑Reviews: Anpassungen nur bei substantiellen Änderungen.
- Verkauf, wenn P/IV > 1,1 (nach oben korrigiert) oder Qualität‑Score sinkt.
2. Was unterscheidet Modern Value von klassischem Value‑Investing?
Aspekt | Klassisches Value (Graham/Dodd) | Modern Value (shareholdervalue.de) |
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Bewertungsbasis | Fokus auf Buchwert und Earnings | Fokus auf Free Cash Flow, EVA und DCF |
Qualität | Oft nur “billig” = “schlecht” | Explizite Qualitätsfilter (ROCE, stabile Margen) |
Margin of Safety | 33 %‑50 % Abschlag üblich | 15 %‑30 % (weil Cash‑Flow‑Bewertung genauer) |
ESG | Nicht Teil des Konzeptes | Optionaler ESG‑Screen, sofern er die Fundamentaldaten nicht verwässert |
Portfoliogröße | Mehr Diversifikation (50‑100 Positionen) | Konzentration (10‑15 Kernpositionen) |
Makro‑Ausblick | Kaum Berücksichtigung | Makro‑Neutral, aber gelegentliche Sector‑Bias bei extremen Bewertungen |
3. Typische Sektoren & Unternehmen, die in das Modern‑Value-Universum passen
Sektor | Warum er attraktiv ist | Beispielunternehmen (nach deutschem Markt) |
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Gesundheitswesen/Pharma | Stabile Cash‑Flows, hohe Eintrittsbarrieren, demografischer Trend | Fresenius SE, Bayer AG |
Konsumgüter (defensiv) | Wiederkehrende Einnahmen, Markenstärke | Henkel AG, Beiersdorf AG |
Industrie‑ & Maschinenbau | Hohe Kapitalintensität → Fokus auf ROCE | Siemens AG, Krauss‑Maffei Wegmann |
Technologie (Infrastruktur) | Cash‑generierende Cloud‑ und Netzwerk‑Assets | Deutsche Telekom, SAP SE |
Versorger & erneuerbare Energie | Predictable Cash‑Flows, regulatorisch geschützt | E.ON SE, RWE AG (insbesondere nach Green‑Shift) |
Finanzdienstleistungen | Hohe Eigenkapitalrendite, stabile Ertragslage | Allianz SE, Deutsche Börse AG |
4. Fazit – das Kernprinzip von Modern Value Investing
„Kaufe ein qualitativ starkes Unternehmen, das dauerhaft Cash‑Flow generiert, zu einem Preis, der deutlich unter seinem berechneten intrinsischen Wert liegt – und halte es, bis sich die Bewertung wieder dem inneren Wert annähert.“
Damit kombiniert die Strategie den klassischen „Safety‑Margin“-Ansatz mit modernen Cash‑Flow‑basierten Bewertungsmodellen, einem strengen Qualitäts‑Screening und einem konzentrierten, langfristigen Portfolio‑Management. Der Ansatz ist darauf ausgelegt, sowohl in überbewerteten Märkten als auch in Abschwüngen stabile, risiko‑adjustierte Renditen zu erzielen.
Weiterführende Literatur & Tools (für Interessierte)
Quelle | Inhalt |
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“The Little Book of Value Investing” – Christopher H. Boris | Kompakte Einführung in DCF‑ und Cash‑Flow‑Methoden. |
“Quality of Earnings” – David A. Easterly | Wie man Qualitäts‑Screenings professionell durchführt. |
GuruFocus – Screening‑Tool | Kostenlose und Premium‑Filter für ROCE, FCF‑Yield, Debt‑Ratios. |
Shareholder‑Value‑Newsletter (Deutsch) | Regelmäßige Analysen von Unternehmen, die den Modern‑Value-Kriterien entsprechen. |
“Principles for Navigating Big Debt Crises” – Ray Dalio | Ergänzende Makro‑Perspektive, falls man trotz Makro‑Neutralität gelegentlich Sector‑Bias setzen möchte. |