Was ist das Altman-Z-Score-Modell?

Das Altman-Z-Score-Modell ist ein finanzmathematisches Verfahren zur Frühdiagnose einer möglichen Unternehmensinsolvenz. Entwickelt wurde es 1968 von Edward I. Altman, einem Finanzwissenschaftler an der New York University.

Sein Ziel war es, mit Hilfe weniger Kennzahlen aus der Bilanz eines Unternehmens vorherzusagen, ob dieses Unternehmen in den nächsten zwei Jahren wahrscheinlich insolvent gehen wird.

Aufbau des Altman-Z-Score:

Altman entwickelte eine lineare Diskriminanzanalyse auf Basis von fünf Kennzahlen:

  1. Working Capital / Total Assets
    (Umlaufvermögen abzüglich kurzfristiger Verbindlichkeiten, geteilt durch die Bilanzsumme)
  2. Retained Earnings / Total Assets
    (Gewinnrücklagen im Verhältnis zur Bilanzsumme)
  3. Earnings Before Interest and Taxes (EBIT) / Total Assets
    (Betriebsergebnis vor Zinsen und Steuern, geteilt durch die Bilanzsumme)
  4. Market Value of Equity / Total Liabilities
    (Marktwert des Eigenkapitals im Verhältnis zu den Verbindlichkeiten)
  5. Sales / Total Assets
    (Umsatzerlöse im Verhältnis zur Bilanzsumme)

Diese Kennzahlen werden gewichtet und linear kombiniert:

[math]Z = 1{,}2 \times \text{X}_1 + 1{,}4 \times \text{X}_2 + 3{,}3 \times \text{X}_3 + 0{,}6 \times \text{X}_4 + 1{,}0 \times \text{X}_5[/math]

Interpretation:

  • Z > 2,99: Das Unternehmen ist sicher (geringe Insolvenzgefahr).
  • 1,81 < Z < 2,99: Grauzone – Risiko schwer abschätzbar.
  • Z < 1,81: Hohes Insolvenzrisiko.

(Werte können leicht variieren, je nachdem ob es sich um Industrieunternehmen, Dienstleister oder andere Spezifika handelt.)

Kritische Einordnung:

Stärken:

  • Praktikabilität: Es genügt eine einfache Bilanzauswertung.
  • Früher Erfolg: Altman konnte mit dem Modell Insolvenzen in 95 % der Fälle ein Jahr vor Eintritt korrekt prognostizieren.

Schwächen:

  • Anfälligkeit für Bilanzmanipulationen: Wenn Unternehmen Bilanzkennzahlen „frisieren“, sinkt die Aussagekraft rapide.
  • Sektorenspezifische Unterschiede: Ursprünglich auf börsennotierte US-Industrieunternehmen kalibriert. Für Banken, Versicherungen oder Start-ups ungeeignet.
  • Veraltete Gewichtungen: Moderne Unternehmensstrukturen (immaterielle Vermögenswerte, Plattformökonomien) werden nicht ausreichend berücksichtigt.

Fazit

Du hast also grundsätzlich recht – aber:

  • Das Modell, das Z-Score zur Insolvenzprognose verwendet, heißt korrekt Altman-Z-Score.
  • Der Begriff „Zeta-Modell“ wird in diesem Zusammenhang oft fälschlich benutzt.

In der heutigen Finanzpraxis wird das Altman-Modell noch immer genutzt, allerdings meistens in Kombination mit anderen Ratingsystemen (z. B. von Moody’s, S&P oder KI-basierten Scorings), um die Unsicherheiten besser zu adressieren.

Beispielrechnung zum Altman-Z-Score anhand eines fiktiven Unternehmens.

Ausgangslage: Unternehmensdaten

Das fiktive Unternehmen „Muster AG“ hat folgende Bilanz- und Marktdaten:

KennzahlWert
Umlaufvermögen (Current Assets)800 000 €
kurzfristige Verbindlichkeiten (CL)500 000 €
Bilanzsumme (Total Assets)2 000 000 €
Gewinnrücklagen (Retained Earnings)400 000 €
EBIT (Betriebsergebnis)300 000 €
Marktwert des Eigenkapitals (Market Cap)1 200 000 €
Gesamtschulden (Total Liabilities)800 000 €
Umsatzerlöse (Sales)3 000 000 €

Schritt-für-Schritt-Berechnung

Wir berechnen nun die fünf benötigten Kennzahlen:

  1. X₁ = (Umlaufvermögen – kurzfristige Verbindlichkeiten) / Bilanzsumme

[math]X_1 = \frac{800\,000\,€ – 500\,000\,€}{2\,000\,000\,€} = \frac{300\,000}{2\,000\,000} = 0{,}15[/math]

  1. X₂ = Gewinnrücklagen / Bilanzsumme

[math]X_2 = \frac{400\,000\,€}{2\,000\,000\,€} = 0{,}20[/math]

  1. X₃ = EBIT / Bilanzsumme

[math]X_3 = \frac{300\,000\,€}{2\,000\,000\,€} = 0{,}15[/math]

  1. X₄ = Marktwert des Eigenkapitals / Gesamtschulden

[math]X_4 = \frac{1\,200\,000\,€}{800\,000\,€} = 1{,}5[/math]

  1. X₅ = Umsatzerlöse / Bilanzsumme

[math]X_5 = \frac{3\,000\,000\,€}{2\,000\,000\,€} = 1{,}5[/math]

Einsetzen in die Z-Score-Formel

[math]Z = 1{,}2 \times X_1 + 1{,}4 \times X_2 + 3{,}3 \times X_3 + 0{,}6 \times X_4 + 1{,}0 \times X_5[/math]

Setzen wir die Werte ein:

[math]Z = 1{,}2 \times 0{,}15 + 1{,}4 \times 0{,}20 + 3{,}3 \times 0{,}15 + 0{,}6 \times 1{,}5 + 1{,}0 \times 1{,}5[/math]

Rechnen wir schrittweise aus:

  • [math]1{,}2 \times 0{,}15 = 0{,}18[/math]
  • [math]1{,}4 \times 0{,}20 = 0{,}28[/math]
  • [math]3{,}3 \times 0{,}15 = 0{,}495[/math]
  • [math]0{,}6 \times 1{,}5 = 0{,}9[/math]
  • [math]1{,}0 \times 1{,}5 = 1{,}5[/math]

Summe:

[math]Z = 0{,}18 + 0{,}28 + 0{,}495 + 0{,}9 + 1{,}5 = 3{,}355[/math]

Ergebnisinterpretation

  • Z = 3,355
  • Der Wert liegt über 2,99.
  • ➔ Das bedeutet: Sehr geringe Insolvenzgefahr laut Altman-Modell.

Das fiktive Unternehmen Muster AG wäre aus Sicht des Modells finanziell gesund.

Kritische Reflexion des Beispiels

  • Die Marktwert-basierte Komponente (X₄) ist stark abhängig von den Aktienkursen und kann bei hoher Volatilität verfälscht sein.
  • Das Modell berücksichtigt keine Branchenbesonderheiten – ein Unternehmen in einer volatilen Hightech-Branche müsste unter Umständen trotz hohem Z-Scores kritisch beobachtet werden.
  • Jahresabschlüsse können bewusst oder unbewusst optimiert worden sein (z. B. Bilanzkosmetik zum Stichtag).
  • Makroökonomische Krisen (wie z. B. die Finanzkrise 2008 oder die Coronakrise 2020) sind nicht im Modell abgebildet, obwohl sie ganze Industrien in die Insolvenz treiben können, unabhängig von individuellen Kennzahlen.

Zusammenfassung

FaktorBerechneter WertInterpretation
Z-Score3,355Solide Unternehmenslage
Insolvenzrisiko innerhalb 2 Jahresehr geringkeine akute Insolvenzgefahr laut Modell


Dann machen wir jetzt eine Sensitivitätsanalyse, um zu sehen, wie empfindlich der Z-Score auf Veränderungen einzelner Unternehmenskennzahlen reagiert.

Ausgangsbasis

Zur Erinnerung:
Der aktuelle Z-Score der „Muster AG“ beträgt 3,355 (→ sehr gute Bonität).

Jetzt simulieren wir zwei realistische Negativszenarien:

  • Szenario 1: Anstieg der Gesamtschulden
  • Szenario 2: Rückgang des EBIT (Betriebsergebnis)

Szenario 1: Anstieg der Verbindlichkeiten

Annahme:

  • Gesamtschulden steigen von 800 000 € auf 1 200 000 €
    (also ein Anstieg um 50 %, etwa durch neue Kredite).

Auswirkungen:

  1. X₄ neu = Marktwert Eigenkapital / neue Verbindlichkeiten

[math]X_4 = \frac{1\,200\,000}{1\,200\,000} = 1{,}0[/math]

(Früher war [math]X_4 = 1{,}5)[/math].

Alle anderen Kennzahlen bleiben zunächst gleich.

Neuer Z-Score:

[math]Z = 1{,}2 \times 0{,}15 + 1{,}4 \times 0{,}20 + 3{,}3 \times 0{,}15 + 0{,}6 \times 1{,}0 + 1{,}0 \times 1{,}5[/math]

Berechnung:

  • [math]1{,}2 \times 0{,}15 = 0{,}18[/math]
  • [math]1{,}4 \times 0{,}20 = 0{,}28[/math]
  • [math]3{,}3 \times 0{,}15 = 0{,}495[/math]
  • [math]0{,}6 \times 1{,}0 = 0{,}6[/math]
  • [math]1{,}0 \times 1{,}5 = 1{,}5[/math]

Summe: [math]Z = 0{,}18 + 0{,}28 + 0{,}495 + 0{,}6 + 1{,}5 = 3{,}055[/math]

Interpretation:

  • Neuer Z-Score: 3,055
  • ➔ Immer noch über 2,99 → also geringe Insolvenzgefahr, aber leicht verschlechterte Bonität.

Szenario 2: Rückgang des EBIT

Annahme:

  • EBIT fällt von 300 000 € auf 100 000 €
    (etwa durch Umsatzrückgang, Kostenerhöhung, Rezession).

Auswirkungen:

  1. X₃ neu = EBIT / Bilanzsumme

[math]X_3 = \frac{100\,000}{2\,000\,000} = 0{,}05[/math]

(Früher war [math]X_3 = 0{,}15)[/math].

Alle anderen Kennzahlen bleiben gleich.

Neuer Z-Score:

[math]Z = 1{,}2 \times 0{,}15 + 1{,}4 \times 0{,}20 + 3{,}3 \times 0{,}05 + 0{,}6 \times 1{,}5 + 1{,}0 \times 1{,}5[/math]

Berechnung:

  • [math]1{,}2 \times 0{,}15 = 0{,}18[/math]
  • [math]{,}4 \times 0{,}20 = 0{,}28[/math]
  • [math]3{,}3 \times 0{,}05 = 0{,}165[/math]
  • [math]0{,}6 \times 1{,}5 = 0{,}9[/math]
  • [math]1{,}0 \times 1{,}5 = 1{,}5[/math]

Summe: [math]Z = 0{,}18 + 0{,}28 + 0{,}165 + 0{,}9 + 1{,}5 = 3{,}025[/math]

Interpretation:

  • Neuer Z-Score: 3,025
  • ➔ Auch hier: noch über 2,99, also formal gesehen immer noch gute Bonität – aber der Trend ist negativ.

Zusammenfassung der Sensitivitätsanalyse

SzenarioUrsprünglicher Z-ScoreNeuer Z-ScoreVeränderungBewertung
Basisszenario3,355sehr geringe Gefahr
Anstieg der Verbindlichkeiten (+50 %)3,3553,055–0,300leichte Verschlechterung
Rückgang EBIT (–66 %)3,3553,025–0,330leichte Verschlechterung

Kritische Erkenntnisse

  • Das Modell ist relativ robust gegenüber moderaten Verschlechterungen.
  • Massive Bilanzveränderungen (z. B. Verschuldungsverdopplung oder EBIT-Verlust) würden den Z-Score aber unter die kritische Marke von 2,99 drücken.
  • Ein einmaliger Score ist kein Selbstläufer: Unternehmen müssen ihre Werte über die Zeit stabil halten, sonst droht schleichend der Übergang in die Grauzone.

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