Wie der Basis-Trade die US-Notenbank in eine neue Liquiditätskrise zwingt

1. Ausgangslage und aktuelle Situation der US-Notenbank (Fed)

  • Die Federal Reserve hat in den letzten Wochen massiv Liquidität in den Markt gepumpt, da der US-Geldmarkt unter Trockenheit leidet.
  • Über die Standing Repo Facility (SRF) stellte sie allein in vier Wochen rund 130 Milliarden US-Dollar bereit – eine bisher beispiellose Frequenz.
  • Diese Maßnahme soll Banken kurzfristig mit Cash versorgen, indem die Fed Staatsanleihen und hypothekenbesicherte Wertpapiere (MBS) als Sicherheiten annimmt.
  • Hintergrund ist die seit 2022 laufende Quantitative Tightening (QT)-Politik, die die Bilanzsumme der Fed von fast 9 auf etwa 6,6 Billionen US-Dollar reduzierte.
  • Aufgrund der aktuellen Liquiditätsengpässe erwägt die Fed jedoch, QT zu beenden oder gar umzukehren – was einer geldpolitischen Lockerung gleichkäme und der weiterhin hohen Inflation (rund 3 %) widerspricht.

2. Ursache der Spannungen: Der „Basis-Trade“ von Hedgefonds

  • Verantwortlich für die Liquiditätsprobleme ist laut Experten eine hochriskante Hedgefonds-Strategie, der sogenannte Basis-Trade.
  • Dabei nutzen Fonds minimale Preisunterschiede zwischen Kassa- und Terminmarkt von US-Staatsanleihen.
  • Sie kaufen Anleihen sofort (z. B. für 100 $) und verkaufen sie auf Termin teurer (z. B. für 100,50 $).
  • Zur Finanzierung dieser Geschäfte leihen sie sich kurzfristig Geld über den Repo-Markt, oft mit extrem hohem Leverage (bis zu 10:1 oder mehr).
  • Steigen dort plötzlich die Zinsen (z. B. beim SOFR-Satz), kann der Basis-Trade kippen – hohe Verluste und Notverkäufe folgen.

3. Systemische Risiken und Marktfolgen

  • Das Volumen dieser Strategie beträgt laut Vítor Constâncio etwa zwei Billionen US-Dollar.
  • Derartige Hebelpositionen machen den Markt empfindlich gegenüber Zinsschocks oder Liquiditätsengpässen.
  • Eine Massenauflösung der Basis-Trades könnte zu einem Liquiditätskollaps und Zinssprüngen über alle Anlageklassen hinweg führen.
  • Laut EZB-Ökonomen, Christian Schlag (Goethe-Universität) und der NGO Better Markets drohen erhebliche Folgen für Realwirtschaft, Haushalte und Kreditkosten.

4. Historische Parallele: Pandemie 2020

  • Bereits 2020 kollabierte der Basis-Trade infolge des pandemiebedingten Liquiditätsschocks.
  • Die Fed musste damals in kurzer Zeit 1,6 Billionen US-Dollar in den Markt pumpen, um Stabilität zu sichern.
  • Dennoch hat sich die Verschuldung der Hedgefonds seitdem weiter erhöht – Mitte 2025 lagen ihre Repo-Kredite laut dem Office of Financial Research bei über 3 Billionen US-Dollar, ein Rekordwert.
  • Auch die gehebelten Short-Positionen in US-Anleihen-Futures haben sich seit 2020 auf über 1,2 Billionen US-Dollar verdoppelt.

5. Fehlbewertung und Brisanz der Lage

  • Eine Korrektur der Fed Mitte Oktober 2025 zeigt, dass das US-Finanzministerium Hedgefonds-Positionen um 1,4 Billionen US-Dollar zu niedrig eingeschätzt hatte.
  • Damit sind Hedgefonds mittlerweile größere Gläubiger der USA als Japan oder Großbritannien – eine erhebliche Abhängigkeit des US-Staates von spekulativen Akteuren.

6. Geldpolitische und makroökonomische Implikationen

  • Ein Zusammenbruch dieser hochverschuldeten Trades würde Renditen von Staatsanleihen sprunghaft steigen lassen, was
    • den Finanzmärkten,
    • der Realwirtschaft,
    • und der US-Regierung selbst (wegen steigender Finanzierungskosten) schadet.
  • Die Fed müsste erneut mit großvolumigen Anleihekäufen intervenieren, was die Inflation befeuern und neue Asset-Blasen auslösen könnte.
  • Damit gerät die Fed in eine politisch brisante Zwickmühle: Sie muss gleichzeitig Liquidität sichern und Inflation bekämpfen, was geldpolitisch widersprüchlich ist.

7. Kritische Einordnung

  • Die Situation verdeutlicht die Verflechtung von Schattenbanken, Geldmarkt und Zentralbankpolitik.
  • Der Basis-Trade fungiert in stabilen Zeiten als Liquiditätsquelle, entwickelt sich in Krisen jedoch zum systemischen Risiko.
  • Die aktuelle Abhängigkeit der Fed von Marktmechanismen widerspricht dem Ziel einer stabilitätsorientierten Geldpolitik.
  • Die Politik steht vor der Herausforderung, Hedgefonds stärker zu regulieren, um exzessive Hebelwirkungen einzudämmen – andernfalls droht eine Wiederholung der Liquiditätskrise von 2020.

Fazit:
Eine hochriskante, kreditfinanzierte Hedgefonds-Strategie destabilisiert aktuell den US-Geldmarkt. Die Fed reagiert mit massiven Liquiditätseinschüssen, steht dabei aber im Widerspruch zu ihrem Inflationsziel. Das Problem ist strukturell: Das Finanzsystem hängt zunehmend von kurzfristiger, fremdfinanzierter Spekulation ab – mit potenziell gravierenden Folgen für die globale Finanzstabilität.


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