Wie ETF-Anbieter mit temporären Rabatten Anleger ködern


Die unterschätzte Kostenfalle: Wie ETF-Anbieter mit temporären Rabatten Anleger ködern

ETFs gelten als Inbegriff transparenter und kostengünstiger Geldanlage. Doch gerade bei trendbasierten Nischenprodukten greifen Emittenten zunehmend zu einer Marketingpraxis, die Anleger teuer zu stehen kommen kann: der temporären Gebührensenkung. Wer sich allein auf Vergleichsportale verlässt, übersieht oft das Kleingedruckte.

Der Reiz börsengehandelter Indexfonds (ETFs) liegt in ihrer Simplizität: breite Streuung bei minimalen Kosten. Doch der Wettbewerb unter den Anbietern ist hart, insbesondere im Bereich der sogenannten Themen-ETFs. Um in überfüllten Marktsegmenten – wie aktuell bei Rüstung und Verteidigung – Aufmerksamkeit zu generieren, nutzen Fondsanbieter vermehrt aggressive Preisstrategien, die an klassische Lockvogelangebote erinnern.

Der Mechanismus des „Fee Waiver“
Das Vorgehen folgt einem Muster: Neue ETFs werden mit einer extrem niedrigen Gesamtkostenquote (Total Expense Ratio, TER) von beispielsweise 0,15 Prozent p. a. am Markt platziert. Dieser Preis liegt deutlich unter dem Marktdurchschnitt für spezialisierte Sektor-ETFs. Was auf den ersten Blick wie ein Wettbewerbsvorteil wirkt, entpuppt sich bei genauerer Prüfung der Emittenten-Factsheets als befristete Rabattaktion.

Beispiele wie der SPDR S&P Europe Defense Vision oder der Xtrackers Europe Defense Technology zeigen, dass diese reduzierten Gebühren oft nur für einen fixierten Zeitraum, etwa zwölf Monate, gelten. Nach Ablauf dieser Frist greift die reguläre Verwaltungsgebühr, die mitunter doppelt so hoch ausfällt (z. B. Anstieg von 0,15 auf 0,30 Prozent).

Intransparenz auf Vergleichsplattformen
Verschärft wird die Problematik durch die lückenhafte Darstellung auf gängigen Informationsportalen. Beliebte Aggregatoren wie JustETF oder ExtraETF wiesen in Stichproben oft lediglich den aktuell gültigen Rabattpreis aus, ohne den Anleger prominent auf die bevorstehende Kostensteigerung hinzuweisen. Selbst bei Plattformen, die den regulären Preis nennen, geschieht dies nicht konsistent über alle Produkte hinweg. Für den Privatanleger entsteht so ein verzerrtes Bild der langfristigen Kostenstruktur.

Strategisches Kalkül: Volumen um jeden Preis
Aus Sicht der Fondsgesellschaften ist diese Strategie, auch „Fee Waiver“ genannt, ein rationales Mittel zum Zweck. Um für institutionelle Großinvestoren attraktiv zu werden, muss ein neuer Fonds schnell ein kritisches Volumen („Assets under Management“) und einen Track Record aufbauen. Die Privatanleger dienen hierbei als Initialzünder, um Kapital in das Vehikel zu leiten.

Die psychologische und steuerliche Falle
Dass Anleger nach Ablauf des Rabatts massenhaft abwandern, ist unwahrscheinlich. Die Anbieter spekulieren hierbei auf zwei Faktoren:

  1. Trägheit: Die wenigsten Sparer überprüfen laufende Positionen regelmäßig auf Anpassungen der TER.
  2. Der steuerliche Lock-in-Effekt: Sollte der ETF bis zum Zeitpunkt der Gebührenerhöhung Kursgewinne verzeichnet haben, würde ein Verkauf und Umschichtung in ein günstigeres Produkt Kapitalertragssteuern auslösen. Diese Steuerlast wiegt oft schwerer als die Hinnahme der erhöhten laufenden Kosten.

Fazit: Due Diligence ist unerlässlich
Für Investoren bedeutet dies: Blindes Vertrauen auf die Rankings der Vergleichsportale ist fahrlässig. Insbesondere bei neuen Themen-ETFs ist der Blick in das offizielle Factsheet des Anbieters oder den Verkaufsprospekt obligatorisch. Wer langfristig investiert, muss die dauerhafte Kostenstruktur kennen, nicht den Aktionspreis der ersten Stunde.


Wie hilfreich war dieser Beitrag?

Klicke auf die Sterne um zu bewerten!

Durchschnittliche Bewertung 0 / 5. Anzahl Bewertungen: 0

Bisher keine Bewertungen! Sei der Erste, der diesen Beitrag bewertet.

Es tut uns leid, dass der Beitrag für dich nicht hilfreich war!

Lasse uns diesen Beitrag verbessern!

Wie können wir diesen Beitrag verbessern?

Disclaimer: Dieser Beitrag dient lediglich zu allgemeinen Informationszwecken und stellt keine Anlageberatung dar. Bitte konsultieren Sie vor jeder Anlageentscheidung einen unabhängigen Finanzberater