Nachfolgend eine ausführliche Zusammenfassung des Interviews mit Michael Burry.
1. Kontext des Interviews
Michael Lewis spricht mit Michael Burry – dem berühmten Hedgefondsmanager aus The Big Short – erstmals seit langer Zeit in einem Interviewformat. Burry hat den Subprime-Crash 2007/08 antizipiert und gilt seitdem als eine Art „Börsen-Orakel“, obwohl er selbst diese Rolle ausdrücklich ablehnt .
2. Rückblick auf „The Big Short“
2.1 Burrys Ansatz vor der Finanzkrise
- Er erkannte früh die strukturellen Fehlanreize im Subprime-Hypothekenmarkt.
- Für die Umsetzung seiner Wette mussten erst Credit Default Swaps (CDS) auf Subprime-Bonds geschaffen werden – ein Instrument, das es vorher in dieser Form nicht gab.
- Sein entscheidender Vorteil: Er konnte die Krise zeitlich eingrenzen, was Short-Positionen sonst extrem riskant macht .
2.2 Auswirkungen von Buch und Film auf Burry
- Er distanziert sich emotional stark: sah den Film ein einziges Mal, las das Buch nur bei Veröffentlichung.
- Sein Autismus ermöglicht es ihm, äußeren Lärm auszublenden.
- Seine Investoren waren trotz hoher Gewinne oft wütend, weshalb er seinen Fonds schloss.
- Niemand entschuldigte sich später bei ihm – selbst nachdem sie ein Vermögen verdienten .
3. Burrys heutige Fondsstruktur und Motivation
3.1 Gründe, wieder nur eigenes Geld zu managen
- Er will keine klassischen Investoren mehr, um sich erneute Konflikte zu ersparen.
- Er sieht den US-Aktienmarkt vor mehrjährigen Schwächephasen.
- Wegen des hohen Anteils passiven Kapitals (>50 %) glaubt er, dass künftig keine langfristigen Chancen mehr im Stock-Picking bestehen – alles falle gemeinsam, statt zwischen Segmenten zu rotieren wie 2000/01 .
4. Die Debatte um seine angeblich „riesigen Shorts“
4.1 Missverständnis um seine 13F-Meldungen
Die Medien interpretieren seine gemeldeten Put-Optionen als Milliarden-Shorts.
Tatsächlich:
- Er kauft weit aus dem Geld liegende Puts.
- Die Medien multiplizieren die notional value dieser Optionen (Aktienanzahl × Aktienkurs) und erzeugen so künstlich gigantische Summen.
- Real lagen manche Positionen bei wenigen Millionen, nicht Milliarden .
Burry bezeichnet diese Fehlinterpretationen als einzigartig in Bezug auf seine Person.
5. Warum er gegen Palantir und Nvidia wettet
5.1 Palantir: Fundamentale Kritik
Burry hält Palantir für massiv überbewertet:
- Hohe Abhängigkeit von teurer Beratung zur Software-Einführung.
- Stock-based-compensation frisst praktisch den gesamten Gewinn.
- Er betrachtet das Unternehmen als:
„Vier Milliarden Umsatz – fünf Milliardäre“, was er für grotesk hält. - Rechnet man Aktienrückkäufe gegen die Aktienvergütung, bleibt laut Burry kaum echter Cashflow übrig.
- Er glaubt, dass die Bewertung in keinerlei Verhältnis zu den tatsächlichen Erträgen steht .
5.2 Nvidia: Glück statt Genius
- Nvidia sei ein gutes Unternehmen, sei aber zweimal durch Zufall zur zentralen Tech-Aktie geworden:
- Krypto-Mining-Boom (GPU-Nachfrage)
- AI-Hype, bei dem GPUs zufällig als Infrastruktur dienten
- Beide Entwicklungen seien gar nicht „Nvidia-Erfindungen“ .
5.3 Timing des AI-Bubbles
Burry zieht eine Parallele zur Dotcom-Bubble:
- Er analysiert Kapitalinvestitionen (CapEx) relativ zum BIP und sieht dieselbe Blasenbildung wie um 2000.
- Firmen werden belohnt, wenn sie hohe AI-Ausgaben ankündigen – egal ob diese wirtschaftlich sinnvoll sind.
- Besonders kritisch: Eine Phase, in der 1 Dollar CapEx → 3 Dollar Börsenwert produziert, hält er für klassisches Blasenverhalten.
- Seine Zwei-Jahres-Puts reflektieren die Einschätzung, dass der Höhepunkt noch bevorsteht, aber in diesem Zeitraum kippen kann .
6. Einschätzungen zu Makrothemen
6.1 US-Staatsverschuldung
- Er kritisiert das fiskalische Niveau, sieht aber keinen Zeitpunkt prognostizierbar, an dem das System kollabiert.
- Vergleich: „Auf Castro zu warten, dass er stirbt, ist keine Strategie.“
- Die USA bleiben zu mächtig, um einfach „unterzugehen“ .
6.2 Kritik am Federal Reserve System
- Burry: „Wir brauchen die Fed nicht.“
- Er hält sie für schädlich und ineffektiv.
- Für ihn wäre es fast „positiv“, wenn eine politische Einflussnahme – etwa durch Trump – das Vertrauen in die Fed zerstören würde.
- Alternative: Entscheidungsgewalt komplett ins Treasury überführen .
6.3 Haltung zu Bitcoin
- Er sieht Bitcoin als tulpenartige Spekulationsblase, schlimmer als historische Beispiele, weil es massive Kriminalität ermöglicht.
- Er findet es absurd, wie selbstverständlich Experten über Preisziele wie 100.000 USD sprechen .
6.4 Gold
- Gold hält er seit 2005 – als stabile Absicherung .
7. Persönliche Einblicke und Beziehung zu Michael Lewis
7.1 Warum er sich damals öffnete
- Lewis war in der Finanzwelt für seine schonungslose Darstellung bekannt (u.a. Liar’s Poker).
- Ein Freund sagte Burry jedoch, Lewis würde ihn als „Held“ porträtieren – das gab ihm Sicherheit.
- Er gab Lewis alle E-Mails, um vollständige Transparenz zu schaffen und Missverständnisse auszuschließen .
7.2 Umgang mit öffentlichem Druck
- Burry betont regelmäßig, dass sein Autismus ihm hilft, emotionale Angriffe oder öffentlichen Druck auszublenden.
- Er lebt sehr zurückgezogen und vermeidet Medien aus Eigeninteresse und aufgrund regulatorischer Auflagen.
8. Kritische Würdigung der Inhalte
8.1 Burrys AI-Blasenargument
Seine Parallelen zur Dotcom-Krise sind analytisch nachvollziehbar (CapEx-Metrik, Bewertungsmanien).
Problematisch:
- AI hat breitere industrielle Anwendungen als Dotcom-Startups 1999.
- Die GPU-Monopolisierung Nvidias könnte strukturell länger tragen als die Krypto-Eintagsfliege.
- Die Nachfrage nach Rechenleistung steigt derzeit exponentiell – eine reale Größe, die Burry möglicherweise unterschätzt.
8.2 Palantir-Bewertung
Seine Kritik ist solide, vor allem:
- Stock-based-compensation
- Margenprobleme
- Beratungsabhängigkeit
Gegenargument: - Palantir baut zunehmend standardisierte Plattformprodukte – weniger Serviceanteil könnte die Margen steigern.
8.3 Makro-Sicht
Burry beschreibt korrekt das strukturelle Problem der US-Verschuldung, aber seine Schlussfolgerung („nicht shortbar“) ist pragmatisch, jedoch fatalistisch – schließlich ist ein Szenario denkbar, in dem Inflation oder Währungsabwertung langfristig faktisch die Last reduzieren.
8.4 Fed-Abolitionismus
Sein Vorschlag, die Fed abzuschaffen, ist extrem. Kritisch:
- Ohne unabhängige Zentralbank steigt das politische Missbrauchsrisiko.
- Selbst schlechte Zentralbanken sind empirisch oft stabiler als politisierte Währungsbehörden.
9. Kernaussagen in komprimierter Form
- Burry glaubt an eine AI-Blase, ähnlich der Dotcom-Zeit.
- Seine Short-Positionen werden systematisch falsch dargestellt.
- Er hält Palantir und Nvidia für massiv überbewertet.
- Der US-Aktienmarkt steht vor mehrjährigen Schwächephasen.
- Er managt fast nur noch eigenes Geld, um externen Druck zu vermeiden.
- Bitcoin hält er für wertlos, Gold für sinnvoll.
- Die Fed sei überflüssig und gefährlich.
- Persönlich bleibt er zurückgezogen; sein Autismus macht ihn resistent gegen sozialen Druck.
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