Deutschland im Griff der Insolvenzen: Eine Welle rollt auf die Wirtschaft zu

Die deutsche Wirtschaft durchlebt turbulente Zeiten. Die Zahl der Unternehmensinsolvenzen ist im vergangenen Jahr dramatisch gestiegen und die Aussichten für die Zukunft sind alles andere als rosig. 2023 markierte einen traurigen Rekord: 364 Großunternehmen mit einem Jahresumsatz von über 10 Millionen Euro mussten den Gang zum Insolvenzgericht antreten – ein Anstieg von 30% gegenüber dem Vorjahr und deutlich mehr als im ersten Jahr der Corona-Pandemie. Doch nicht nur die großen Player sind betroffen. Betrachtet man alle Unternehmensgrößen, zählte die Auskunftei Creditreform 22.400 Insolvenzen, den höchsten Wert seit 2015 und ein Plus von 25% im Vergleich zu 2022. In einigen Monaten des Jahres 2023 wurden sogar 20-Jahres-Höchststände erreicht.

Diese Entwicklung hat gravierende Folgen. Die volkswirtschaftlichen Schäden wachsen mit jeder Großinsolvenz. Gläubiger blieben im letzten Jahr auf Forderungen in Höhe von 56 Milliarden Euro sitzen, und 320.000 Arbeitsplätze waren durch Insolvenzen bedroht. Bekannte Namen wie FTI, Weltbild, Galeria und Esprit sind nur einige Beispiele für Unternehmen, die den Kampf ums Überleben verloren haben. Und die Prognosen für 2025 verheißen nichts Gutes: Experten rechnen mit einem weiteren Anstieg der Firmenpleiten um 25 bis 30%.

Die Gründe für diese besorgniserregende Entwicklung sind vielfältig. Die strukturelle Schwäche der deutschen Wirtschaft spielt eine zentrale Rolle. Hohe Energie- und Arbeitskosten, überbordende Bürokratie und eine sinkende internationale Wettbewerbsfähigkeit setzen den Unternehmen zu. Hinzu kommt das Auslaufen der staatlichen Corona-Hilfen, die viele Firmen während der Pandemie künstlich am Leben hielten. Die Insolvenzantragspflicht wurde ausgesetzt, doch nun werden die tatsächlichen wirtschaftlichen Probleme sichtbar. Entgegen mancher Vermutungen handelt es sich bei dem Anstieg der Insolvenzen nicht um Nachholeffekte aus der Coronazeit. Die Zinswende mit den steigenden Zinsen und die explodierenden Baukosten verschärfen die Situation zusätzlich. Geopolitische Unsicherheiten, wie die bevorstehenden Neuwahlen in Deutschland und die politische Lage in den USA mit den angedrohten Strafzöllen von Donald Trump, sorgen für zusätzliche Planungsunsicherheit und hemmen Investitionen. Die Konsumzurückhaltung der Verbraucher, die angesichts der unsicheren Lage ihr Geld zusammenhalten, drückt die Umsätze der Unternehmen weiter nach unten.

Besonders hart trifft es einige Branchen. Die Automobilzulieferer stehen durch die Umstellung auf Elektromobilität, Absatzprobleme in Zukunftsmärkten und den Sparzwang der großen Hersteller massiv unter Druck. 2024 war fast jede sechste Großinsolvenz ein Automobilzulieferer. Auch der Maschinenbau, eine der wichtigsten Exportindustrien Deutschlands, leidet unter der schwachen Weltkonjunktur und dem Rückgang der Auftragseingänge. Hier stiegen die Insolvenzen großer Unternehmen im letzten Jahr um 33%. Die Bau- und Immobilienbranche befindet sich ebenfalls in einer schweren Krise. Die Pleite von Signa (Benko) war nur der Anfang. Steigende Zinsen, hohe Baukosten und fehlende Aufträge führen zu vermehrten Insolvenzen. Im letzten Jahr gab es einen Anstieg von 126% bei Insolvenzen unter Immobilienentwicklern. Auch Bauunternehmen und Handwerker sind durch ausbleibende Aufträge gefährdet (53% mehr Insolvenzen in 2023). Selbst das Gesundheitswesen bleibt nicht verschont. Zwei Drittel der Kliniken erwarten eine Verschlechterung ihrer wirtschaftlichen Lage. Sie können ihre Preise nicht an die Inflation anpassen, haben aber mit denselben Kostensteigerungen zu kämpfen wie andere Branchen. In der Pflege verschärft der Fachkräftemangel die Situation.

Der Ausblick ist düster. Experten befürchten, dass die Zahl der Insolvenzen in Deutschland in diesem Jahr die Marke von 30.000 überschreiten könnte, was dem Niveau während der Finanzkrise 2008/2009 entspräche. Selbst bei einer Erholung der Wirtschaft ist mit Nachholeffekten zu rechnen, die die Insolvenzzahlen in den Folgejahren weiter in die Höhe treiben dürften. Experten sprechen bereits von einer „leichten“ oder „anfänglichen“ Insolvenzwelle. Es ist zu befürchten, dass die Insolvenzzahlen auch langfristig über dem Niveau der letzten Jahre liegen werden.

Die deutsche Wirtschaft steht vor gewaltigen Herausforderungen. Der deutliche Anstieg der Insolvenzen ist ein alarmierendes Zeichen. Es bedarf schnellen und entschlossenen Handelns von Politik und Wirtschaft, um die Talfahrt zu stoppen und die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Deutschland zu sichern. Andernfalls droht eine Insolvenzwelle, die die deutsche Wirtschaft nachhaltig schwächen könnte.


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