1. Gesamtentwicklung der Erwerbstätigkeit
Im 3. Quartal 2025 waren rund 46,0 Millionen Menschen in Deutschland erwerbstätig. Saisonbereinigt ging die Zahl gegenüber dem Vorquartal um 41.000 Personen zurück (-0,1 %), nach einem bereits leichten Minus im 2. Quartal. Ohne Saisonbereinigung gab es praktisch keine Veränderung (+8.000). Im Vergleich zum Vorjahresquartal ergibt sich erstmals seit 2021 wieder ein Rückgang (-23.000).
2. Branchenspezifische Entwicklungen
- Dienstleistungsbereiche insgesamt: moderates Wachstum (+151.000 bzw. +0,4 %), jedoch mit starken Unterschieden.
- Öffentliche Dienstleistungen, Erziehung, Gesundheit: deutlicher Anstieg (+201.000; +1,7 %).
- Sonstige Dienstleistungen: +26.000 (+0,8 %).
- Finanz- und Versicherungsdienstleister: +15.000 (+1,4 %).
- Information & Kommunikation: Rückgang (-9.000; -0,6 %) – damit setzt sich der Trend seit 2024 fort.
- Handel, Verkehr, Gastgewerbe: weiterer Rückgang (-29.000; -0,3 %).
- Unternehmensdienstleister: deutlicher Rückgang (-60.000; -1,0 %).
- Produzierendes Gewerbe (ohne Bau): starker Rückgang (-154.000; -1,9 %).
- Baugewerbe: ebenfalls rückläufig (-19.000; -0,7 %).
- Land- und Forstwirtschaft, Fischerei: leichter Rückgang (-1.000; -0,2 %).
3. Beschäftigungsformen
- Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer: leichter Zuwachs (+7.000; 0,0 %), getragen vor allem durch sozialversicherungspflichtige Beschäftigung.
- Selbstständige inkl. mithelfende Familienangehörige: Rückgang (-30.000; -0,8 %).
- Marginal Beschäftigte: Rückgänge, die das Gesamtbild dämpfen.
4. Arbeitsvolumen
Die durchschnittliche Arbeitszeit pro Person blieb stabil (340,9 Stunden). Aufgrund der etwas geringeren Erwerbstätigkeit sank das gesamtwirtschaftliche Arbeitsvolumen geringfügig (-5 Millionen Stunden; rund 15,7 Milliarden).
5. Vergleich zur EU
Während Deutschland einen leichten Rückgang verzeichnet, wächst die Erwerbstätigkeit in der EU insgesamt (+0,6 %) und im Euroraum (+0,5 %).
Kritische Einordnung
1. Frühindikator für konjunkturelle Schwäche?
Der erneute saisonbereinigte Rückgang – nun im zweiten Quartal in Folge – deutet auf eine sich abschwächende wirtschaftliche Dynamik hin. Besonders das Produzierende Gewerbe, traditionell konjunkturabhängig, zeigt erhebliche Verluste. Dies kann auf strukturelle Probleme (z. B. schwache Industrieexporte, Investitionszurückhaltung, Energiepreise) oder eine zyklische Abkühlung hinweisen.
2. Dienstleistungswachstum kaschiert Strukturverschiebung
Das Plus in öffentlichen Dienstleistungen stützt den Arbeitsmarkt, doch dieses Wachstum ist staatlich gebunden und bedeutet nicht zwingend eine gesamtwirtschaftliche Stärkung. Gleichzeitig sind privatwirtschaftliche Dienstleistungen teilweise rückläufig, besonders bei Unternehmensdienstleistern – häufig ein Frühindikator für sinkende Nachfrage nach Arbeitskräften.
3. Selbstständigenrückgang als Warnsignal
Der deutliche Rückgang bei Selbstständigen könnte auf zunehmende wirtschaftliche Unsicherheit oder erschwerte Rahmenbedingungen hinweisen. Damit verschiebt sich die Erwerbsstruktur weiter hin zu abhängiger Beschäftigung, was langfristig Innovations- und Wettbewerbsdynamik beeinflussen kann.
4. Internationale Differenz
Der Gegensatz zum Wachstum in der EU spricht dafür, dass Deutschland derzeit stärker als andere Mitgliedstaaten unter strukturellen oder konjunkturellen Belastungen steht. Entscheidend wäre hier zu prüfen, ob dies an branchenspezifischen Besonderheiten (z. B. deutscher Industriefokus) oder politischen Rahmenbedingungen liegt.
