Der sogenannte „Seesaw-Effekt“ (wörtlich: Wippeffekt) beschreibt in der Finanzwelt den umgekehrt proportionalen Zusammenhang zwischen dem Marktpreis einer Anleihe und ihrer Rendite (Yield). Dieses Prinzip ist besonders bei festverzinslichen Wertpapieren wie der 10-jährigen US-Staatsanleihe relevant.
Funktionsweise:
Wenn das allgemeine Zinsniveau steigt (z. B. weil die Notenbank die Leitzinsen anhebt oder die Inflationserwartungen steigen), sinkt der Marktwert bereits ausgegebener Anleihen mit niedrigeren Kupons. Umgekehrt steigt der Preis solcher Anleihen, wenn das Zinsniveau fällt. Dies liegt daran, dass Investoren immer diejenige Anlage bevorzugen, die im aktuellen Zinsumfeld den besten Ertrag bringt.
Beispiel:
Eine 10-jährige Anleihe mit einem Kupon von 3 % wird bei Ausgabe für 100 $ verkauft. Steigt das Marktzinsniveau auf 4 %, wird diese Anleihe weniger attraktiv, da neu begebene Titel nun 4 % bieten. Der Marktpreis der alten 3 %-Anleihe sinkt, bis ihre effektive Rendite (Yield to Maturity) wieder dem Markt entspricht. Umgekehrt gilt: Fällt das Zinsniveau auf 2 %, wird die 3 %-Anleihe über Pari gehandelt, da sie besser verzinst ist als neue Titel.
Warum der Begriff „Seesaw“?
Der Effekt ähnelt einer Wippe:
– Steigt die Rendite, fällt der Preis.
– Fällt die Rendite, steigt der Preis.
Das Bild einer Wippe mit Rendite auf der einen und Preis auf der anderen Seite macht den Effekt anschaulich – sobald das eine Ende steigt, muss das andere fallen.
Bedeutung für Anleger:
Dieser Effekt bedeutet für Anleger ein Zinsänderungsrisiko. Wer eine Anleihe vor Fälligkeit verkaufen muss, kann Kursverluste erleiden, wenn zwischenzeitlich das Zinsniveau gestiegen ist. Die scheinbare Sicherheit von Staatsanleihen gilt also nur, wenn man sie bis zur Endfälligkeit hält – andernfalls unterliegt man eben jenem Seesaw-Effekt.